Als Konzepter versuche ich immer möglichst ganzheitlich (oder zu hippie-deutsch: holistisch) zu denken. Eine gute Line beinhaltet mindestens einen guten Gedanken, der den Kern eines Produkts erfasst und sich auf ganz vielen Ebenen spielen lässt. Soweit so werbisch. Das Ziel jeder kreativen Agentur ist es schließlich ihren Kunden die EINE bahnbrechende Idee zu verkaufen. Mit der Zeit entwickelt man als Texter ein Gespür dafür, welche Ideen “fliegen”, sich also über alle möglichen Kanäle spielen lassen … und das über einen langen Zeitraum.
Das wiederum weiß man als Texter deshalb so genau, weil man in der Regel dann auch an der Ausarbeitung und Umsetzung beteiligt ist. Wenn es bei einer Idee schon knirscht, wie ein Radiospot klingeln könnte: Finger weg. Lieber macht man sich am Anfang mehr Gedanken und hat dann hinten raus bei der Umsetzung weniger Arbeit.
Und genau da gleicht sich die Arbeit von UX-Designern und Content-Strategen. Natürlich ist es anfangs schwierig sich auf eine Route zu einigen, mit der schließlich alle zufrieden sind. Aber es ist eben extrem wichtig, dass alle, die an einem Projekt arbeiten, dass Gefühl haben, dass es sich in die richtige Richtung entwickelt. Nennen wir es “Vision”, “north star” oder einfach nur “Idee”. Sobald sich alle Stakeholder aktiv (!) geeinigt haben, wohin der Dampfer dampft, gibt es kein Zurück mehr … zumindest nicht um 180 Grad. Kleinere Kurskorrekturen sind natürlich notwendig und wichtig, aber mehr auch nicht. Das ist bei digitalen Produkten so und wenn der UX-Designer seine Hausaufgaben (aka Research) gemacht hat, ist die Richtung eh klar.
Ebenso bei einer Content-Strategie, die ihren Namen auch verdient. Ist ein Ziel einmal definiert, sollte die komplette Aufmerksamkeit darauf ausgerichtet sein, dieses zu erreichen. Ein solches Ziel kann sein Leads generieren, das Unternehmen nach außen gut darzustellen oder eine Mischung aus beidem – wobei schon definiert sein sollte, zu welchen Teilen (z.B. 70 % Leads, 30 % Image). Und natürlich sollte diese Strategie auch bestenfalls mit Zahlen untermauert sein.
Das haben Content-Strategie und UX-Design also gemeinsam: das Datengetriebene. Über den eigenen Tellerrand zu schauen würde einem kreativen Konzepter bisweilen auch nicht schaden, weil eben nicht jede Idee, die sich geil anfühlt, auch wirklich eine gute Idee ist. Eine Praxis, die viel zu selten in der Kreativbranche zur Anwendung kommt, ist es Design/ Copy zu testen – so wie beim Design Thinking Prozess wie er bei UX-Design sehr wichtig ist. Lieber mal eine Idee früh testen – vor allem außerhalb der eigenen Peer Group, als damit dann zum Kunden zu rennen, der dann eine sündteure Studie anfordern dazu anfordern muss. Laut Don Norman reichen schon fünf Teilnehmer um 80 % der Designfehler aufzudecken. Genauso dürfte es sich mit Ideen verhalten. Einfach 5 Leute fragen, was sie davon halten und genau zuhören.
Genauso sollten es übrigens auch Content-Strategen machen – allerdings dann schon im Prozess selber. Sie haben den Vorteil, dass sie ihre Deliverables Tag für Tag tracken und so ein Gespür dafür entwickeln können, was funktioniert und was nicht. Das Schwierige ist dabei dann jedoch, die Leitidee im Blick zu behalten und sich nicht von Zahlen in eine Richtung treiben zu lassen, in die man ursprünglich gar nicht wollte.
Und hier kommt wieder der Texter/ Konzepter ins Spiel. Denn sollte er sich mal herablassen sich mit Zahlen zu befassen, ist er bestens dafür geeignet den Dampfer einerseits in die Richtung zu steuern, die ihm ohnehin vorschwebt, andererseits aber auch mal eine Kurskorrektur vorzunehmen, wenn ein Eisberg (z.B. ein Shitstorm) im Weg liegt. Genau bei solchen Entscheidungsprozessen helfen dann leider oft keine Daten mehr. Warum? Weil es genau die Daten, die man tagtäglich bräuchte, um seine Entscheidungen zu untermauern, genau so höchstwahrscheinlich nicht gibt bzw es viel zu aufwendig wäre, sie zu erheben.
Und so schließt sich der Kreis: UX-Designer und Content-Strategen können von Textern/ Konzeptern lernen, eine Leitidee zu entwickeln und dann auch mal auf ihren Bauch zu hören, wenn es darum geht sie durchzusetzen. Texter/ Konzepter hingegen sollten auch schon bei der Ideenfindung Daten und Trends berücksichtigen. Was zunächst nach Einschränkung aussieht, macht es ihnen nämlich in Wirklichkeit leichter genau DIE eine Idee zu finden, die passt.