Der wichtigste Unterschied zwischen klassischem Texten (z.B. für Werbung) und der relativ jungen Disziplin UX-Writing ist sicherlich die Lautstärke. Dicke Headlines müssen knallen (GEIZ! IST! GEIL!) und sollten sich beim Leser unweigerlich und bis in alle Ewigkeit in die Hirnwindungen einbrennen. Das ist jetzt natürlich ein bisschen überspitzt formuliert und auch ein kleiner, schöner Gedanke kann dem Leser im Bewusstsein bleiben (“Schlaf ist Zeitreisen.”). Auf jeden Fall soll er der Text jedoch wahrgenommen werden und eventuell dann auch zu einer (Kauf-)Entscheidung führen.
UX-Copy hingegen sollte so gut wie unsichtbar sein, den Leser jedoch trotzdem in seinem Handeln leiten. Sie sind intuitiv und begleiten den Leser ganz leise auf seiner Reise durch eine App oder durch einen Online-Shop. In dem Moment, in dem sich der Text ins Bewusstsein des Users drängt, weil sie z.B. zweideutig ist oder ein Wortspiel enthält, das man erst ein wenig später checkt, hat der UX-Text seine Aufgabe verfehlt. Der Flow ist unterbrochen und es entsteht eine gewisse Reibung, die der User wahrscheinlich nicht einmal bewusst wahrnimmt, ihn aber trotzdem anstrengt, wie eine billige Sonnenbrille mit schlechten Gläsern.
Natürlich gibt es zwischen klassischem Texten und UX-Texten auch gewisse Schnittmengen. Schließlich steht UX für User-eXperience und diese Erfahrung kann durch originelle Zeilen durchaus aufgewertet werden. Vor allem aber kann gutes UX-Texten auch dazu beitragen einem Service eine Stimme zu geben, die sich nicht nach Computer anfühlt. Von daher bewegt sich der UX-Texter irgendwo zwischen Werbetexter und technischem Redakteur. Auf jeden Fall steckt das Thema UX-Texten im deutschsprachigen Raum noch sehr in den Kinderschuhen. Das ist einerseits daran zu erkennen, dass in dem Zusammenhang gerade immer noch von “UX-Writing auf Deutsch” gesprochen wird … für mich ein unnötiges Oxymoron. Zum anderen gibt es zu dem Thema jede Menge Cases auf Englisch und relativ wenige auf Deutsch. Lass uns das ändern.